Gedanken im April 2020 / Mai 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

etwa vierzig Jahre war ich Lehrerin für evangelische Religion und Mathematik, zuletzt mehr als drei Jahrzehnte an der Hans-Boeckler-Realschule in Bochum-Wiemelhausen. Das ist jetzt zehn Jahre her, und ich denke nur noch selten an meine Zeiten als Lehrerin. Nur wenn es Probleme bei meinen Enkelkindern in der Schule oder im Hort gibt, erwachen die alten pädagogischen Reflexe wieder und ich versuche zu helfen.

Mein Mann und ich haben neue Schwerpunkte für unser Leben gefunden. Eines der wichtigsten sind unsere Enkelkinder, vier an der Zahl, zwischen zehn Monate und neun Jahre alt, und alles Mädchen. Sie aufwachsen zu sehen und begleiten zu dürfen, ist Großelternglück, für das wir dankbar sind. Leider wohnen unsere Enkelkinder in Bielefeld und Potsdam, was von Welper ziemlich weit entfernt ist. Aber jede Woche sind wir einmal in Bielefeld und circa alle sechs Wochen fahren wir nach Potsdam. Dazu kommen die gemeinsamen Urlaube, in diesem Jahr im Hochschwarzwald, in der Toskana und an der Ostsee.

Als Religionslehrerin habe ich die Dinge, die meinen Schülern wichtig waren, immer sehr ernst genommen und sie auch im Unterricht mit behandelt. Teilweise war der Religionsunterricht der Abladeplatz für große und kleine Fragen, die in anderen Fächern nicht vorkamen. Dabei habe ich meinen Standpunkt immer deutlich gemacht, ohne diesen aufzudrängen. Mir war aber auch wichtig, den Mädchen und Jungen einen Schatz an biblischen Geschichten zu geben und ihnen theologische Zusammenhänge aufzuzeigen. Über viele Jahre war der von mir organisierte ökumenische Weihnachtsgottesdienst unter weitgehender Mitwirkung und Mitbestimmung der Schüler ein Höhepunkt des Schuljahres. Die Ökumene musste erstmal mit den KollegInnen erarbeitet werden, aber auch das wurde mit den Jahren besser.

Meine Kinder wuchsen wie selbstverständlich im Umfeld des Paul-Gerhardt-Hauses auf, erst als regelmäßige Besucher des Kindergottesdienstes, später als Mitgestalter der Kinderbibelwochen und als Betreuer auf den Freizeiten des Kirchenkreises in Friesoythe (wo mein Sohn seine spätere Frau kennenlernen sollte). In unseren Urlauben besuchte die ganze Familie die Gottesdienste, wobei wir zwischen katholischer Messe und evangelischer Verkündigung keinen Unterschied machten.
Als meine Tochter in Freiburg studierte, ließ sie sich als Prädikantin ausbilden und hielt selbst eine Reihe von Gottesdiensten. Wenn sich mein Sohn, der Volkswirtschaftslehre an der Universität Wuppertal lehrt, bei einer ökonomischen Fragestellung links von seinen Kollegen positioniert, so könnte dies auch mit der christlichen Soziallehre zu tun haben, mit der er seinerzeit zu Hause aufgewachsen ist.

Die gleiche Selbstverständlichkeit, mit der wir christliches Leben in unserer Familie integrierten, haben auch meine Kinder geübt, nachdem sie ihre eigenen Familien gegründet haben. Derzeit macht uns der evangelische Kindergarten in Bielefeld, der von meiner drittältesten Enkeltochter besucht wird, mit seinem großen Engagement und der selbstverständlichen Integration christlicher Zusammenhänge große Freude.

Obgleich mein Mann und ich aus stockprotestantischen Familien kommen, ist unsere Großfamilie mittlerweile „ökumenisch“ geworden – mit einer katholischen Schwiegertochter und zwei katholischen Enkelkindern.

Die Weitergabe christlichen Glaubens über drei Generationen scheint uns also gelungen zu sein. Allgemein mag dies mit den Jahrzehnten schwieriger werden. Aber es kann weiter gelingen. Dazu möchte ich Sie ermutigen. Geben Sie nicht auf, Ihren christlichen Glauben und Ihre christlichen Werte weiterzugeben, auch wenn Kinder und Enkelkinder nicht mehr nach Gott und der Bibel fragen sollten. Jesus verspricht: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende (Matthäus 28, 20), wenn wir hingehen und weitergeben in Wort und Tat, was uns selbst trägt in Freud und Leid.

Ihre / Eure Gerda Bredemeier

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