Schutz vor sexualisierter Gewalt

Schutz vor sexualisierter Gewalt

Unser Kind – sicher im Raum der Kirche

Nach dem Bekanntwerden des Umgangs mit Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche fragen sich auch evangelische Eltern: Ist unser Kind in der Kirchengemeinde in guten Händen? Kann ich darauf vertrauen, dass alles getan wird, dass mein Sohn oder meine Tochter davor geschützt wird, Opfer sexueller Gewalt zu werden?

Seit einigen Jahren hat die evangelische Kirche von Westfalen einiges unternommen, um dies sicherzustellen. Menschen, die beruflich in der Kirche mit Kindern und Jugendlichen arbeiten wollen, müssen schon seit längerem ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Dieses gibt Auskunft, ob jemand wegen sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorbestraft ist. Nur ein solches Zeugnis ohne Eintrag ermöglicht eine Anstellung in der ev. Kinder- und Jugendarbeit.

Mitarbeiter*innen in unseren Kindergärten mussten selbstverständlich schon immer ein erweitertes Führungszeugnis beim Arbeitgeber vorlegen

Seit längerem gibt es auch Ansprechpartner*innen für Opfer sexualisierter Gewalt in der Kirche. Diese müssen zwingend bei Bekanntwerden eines Falles von den Verantwortlichen informiert werden. Auch verschiedene Stellen im Landeskirchenamt werden dann automatisch mit in den Fall einbezogen. Täter*innen werden unverzüglich aus der Arbeit herausgenommen – ob sie nun beruflich oder ehrenamtlich mit Kindern und Jugendlichen Kontakt haben.

Damit es gar nicht erst dazu kommt, dass Kinderseelen durch sexuelle Gewalt verletzt werden, hat sich die Ev. Kirche von Westfalen 2020 das „Kirchengesetz zum Schutz vor sexueller Gewalt“ gegeben. Jede Kirchengemeinde muss jetzt ein Konzept zur Prävention von sexueller Gewalt, zum Eingreifen und zur Hilfe für Betroffene entwickeln.

Im Mittelpunkt des neuen Gesetzes und des Konzepts, das wir entwickeln, stehen nicht nur die beruflich mit Kindern und Jugendlichen Beschäftigten, sondern auch ehrenamtlich Mitarbeitende in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, also z.B. bei der Kinderkirche, beim Kindermusical, beim Krippenspiel, Begleitpersonen bei Freizeiten oder Leiter*innen von Gruppen, in denen Jugendliche mitwirken.

Dass Ehrenamtliche in der Konfirmand*innen- und Jugendarbeit ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen, ist in unserer und in vielen anderen Gemeinden im Kirchenkreis übrigens schon seit 2015 gängige Praxis!

In ihrer Ausbildung werden die Teamer geschult, was sexuelle Gewalt ist, wo Grenzüberschreitungen beginnen, wie man diese bemerkt, und wie gehandelt werden muss. Wo kann ich Hilfe kriegen, ob nun als Betroffener oder als Ehrenamtlicher, der Grenzüberschreitungen feststellt? Das sollen alle in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wissen und danach handeln.

Das neue Gesetz betrifft aber nicht nur sexuelle Gewalt gegenüber Minderjährigen, sondern auch gegenüber Erwachsenen in Abhängigkeitsverhältnissen. Deswegen sieht das Konzept in unserer Gemeinde vor, dass auch die Mitglieder des Presbyteriums ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis alle 5 Jahre vorlegen müssen. So soll klar signalisiert werden: für Gewalt gegen sexuelle Selbstbestimmung ist im Raum der evangelischen Kirche kein Platz.

Die Konzepte der Gemeinden sollen sich auch damit auseinandersetzen, welche Strukturen sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche fördern oder hindern, und dementsprechend für ein sicheres Umfeld für Kinder und Jugendliche im Raum der Kirche sorgen.

In unserem Kirchenkreis unterstützen seit 1. Februar Peter Unger als Präventionsfachkraft und Anja Kersting als Multiplikationsfachkraft die Gemeinden bei der Entwicklung und Umsetzung der Schutzkonzepte. Auf landeskirchlicher Ebene kümmert sich Landeskirchenrätin Daniela Fricke als Beauftragte für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung darum, Betroffenen zuzuhören, sie zu beraten, Hilfen zu vermitteln, die Aufklärung zu befördern und für die Ansprüche der Betroffenen einzutreten. Dabei arbeitet sie mit der Fachstelle für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung (FUVSS)zusammen.

Die Ev. Kirche von Deutschland hat eine zentrale, unabhängige und kostenlose Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie eingerichtet. Die „Zentrale Anlaufstelle help“ berät Betroffene allgemein über Unterstützungsangebote der evangelischen Kirche und vermittelt an die zuständigen kirchlichen und diakonischen Ansprechstellen, wie zum Beispiel die FUVSS im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen.

 

Joshua Speckels