Gedanken im Juni / Juli 2018

Ihr lebt nach dem Grundsatz: „Alles ist erlaubt!“ Ich antworte darauf: Aber nicht alles, was erlaubt ist, ist auch gut.Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut die Gemeinde auf. Denkt bei dem, was ihr tut, nicht nur an euch. Denkt vor allem an die anderen und daran, was für sie gut ist.

(1. Korinther 10, 23-24, Hoffnung für Alle)

Diese Bibelstelle hat mich in den letzten zwei Monaten intensiv beschäftigt, da mir die Gemeinde das Vertrauen zur Mitarbeit im Presbyterium gegeben hat. Aus meinem politischen Engagement kenne ich den Grundsatz anders. Dort heißt es, dass ein Abgeordneter nur seinem Gewissen verpflichtet ist (Art. 38 GG). Aber was ist nun richtig? Das, was Paulus für die Entscheidungen im gemeinschaftlichen Miteinander fordert, oder eine demokratisch, rechtsstaatlich anerkannte Entscheidungsgrundlage?

In meinen Augen kann man beides gut miteinander kombinieren. Denn wenn man Paulus‘ Rat folgt und Gutes für andere und die Gemeinde tut, so tut man dies mit einem guten Gewissen. Das gute Gewissen resultiert hier aus der Tatsache, dass man die Kirche aufbaut bzw. voranbringt (z.B. zum „Menschenfischer“ wird) oder sein Engagement aus reiner Humanität heraus zur Verfügung stellt. Aber wenn ich nur dann alles tun kann, wenn die Gemeinde davon profitiert oder ich an andere denke, wie kann ich dann Dinge tun, die gut für mich sind und sich nicht schlecht auf die Gemeinde auswirken? Mir zum Beispiel einfach mal was gönnen, wie es im Sprachgebrauch heißt.

Das sei jedem gestattet. Es tut uns allen gut, mal über den Tellerrand zu schauen oder einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Weil wir in Deutschland viele und günstige Textilien haben wollen, müssen dafür in anderen Teilen der Erde Menschen unter Bedingungen arbeiten, zu denen wir nicht mal aufstehen würden (um nur ein Beispiel zu nennen). Wenn wir uns also der Verantwortung unseres Konsums bewusst werden und mehr darauf achten, was und wo wir kaufen, dann tun wir zwangsläufig etwas für andere.

Ich würde Paulus daher so verstehen, dass dem alles erlaubt ist, der um die Verantwortung weiß, die er für sich und für andere hat, und dies sich in seinem Handeln und Denken widerspiegelt. „Alles ist erlaubt!“ ist, so verstanden, ein zutiefst christlicher Satz. Wenn ich es in Verantwortung vor Gott und den Menschen tue, dann ist mir alles erlaubt. Christ sein ist also vielmehr eine Lebenshaltung und nicht nur auf den Kirchgang beschränkt.

Ihr/ euer Jan Fierke

admin